Im Jahr 1800 setzte Frankreich den 1799 begonnenen Krieg unter dem
„Ersten Konsul Napoleon Bonaparte“ gegen Österreich fort.1
Die kaiserlichen Armeen standen in diesem Feldzug nach Abzug der
russischen Armee allein den Franzosen gegenüber.
Napoleon
siegte bereits am 14. Juni in Italien bei Marengo2 und sein
General Jean Victor Moreau gewann mehrere Schlachten in Deutschland
mit seiner Rheinarmee.3 Die Österreicher wurden bis zum
Inn zurückgedrängt. Von England ermuntert versuchten sie nach einem
Waffenstillstand durch einen Winterfeldzug
ihre Niederlagen wieder wettzumachen.
Leider
hatte der neue kaiserliche Oberbefehlshaber, der 18jährige Erzherzog
Johann4, gegen den erfahrenen General Moreau kein Glück
und er verlor am 3. Dezember die Schlacht bei Hohenlinden5
in der Nähe von München. Erzherzog Johann gab sich jedoch noch immer
nicht besiegt und befahl nach missglückten Rückzugskämpfen entlang
des Flusses Inn, die nächste Schlacht bei Salzburg und Laufen zu
schlagen.
Seit den
Jahren 1742 bis 1744, zur Zeit des Österreichischen Erbfolgekrieges,
hatte das Fürstentum Salzburg kein fremdes Militär mehr gesehen, das
auf Kosten des Landes einquartiert und versorgt hätte werden müssen.
Nun fand die Neutralitätspolitik des Fürsterzbistums Salzburg ihr jähes
Ende.
Während
des 12. Dezembers 1800 vollzog sich der Aufmarsch der beiden Armeen im
Großraum Salzburg zur Schlacht. Zusammen sollten hier 104.000
Soldaten im Gebiet vom Walserberg bis Laufen um den Sieg ringen.6
Die
Kaiserlichen dislozierten ihre Truppen zur Flussverteidigung hinter
Saalach und Salzach. Aus Teisendorf zurückgehende österreichische
Verbände wurden durch Truppen bei Hausmoning – Feldkirchen bzw. bei
Salzburghofen über die Brücke bei Rott aufgenommen und in den
Verteidigungsbereich durchgeschleust. In diesen Räumen wurden die
Gefechte am 12. Dezember gegen Mittag begonnen.
Lassen wir
nun den Zeitzeugen Judas Thaddäus Zauner, der damals die Berichte von
den kriegerischen Ereignissen in unserer Heimat sammelte und bereits
1801/1802 publizierte7, zu den Ereignissen im Raum Strass,
Adelstetten, Ainring, Salzburghofen und Feldkirchen zu Wort kommen:
... „Am
12ten December 1800 kam der Pfarrer (der Pfarre Ainring)
... noch glücklich um 12 Uhr von der Stadt (Salzburg) zurück,
konnte aber nicht mehr das Nöthigste holen lassen. Fürchterlich
donnerten ihm bei seiner Heimkunft von Teisendorf und Straß her die
Kanonen entgegen, immer näher und näher. ... als zwei Dragoner (französische)
mit Rossschweifen an die Thüre
schlugen, und mit fürchterlichen Drohungen 12 Louisd´ors verlangten.
... Man musste sie endlich einlassen. Da setzten sie dem Pfarrer
Pistole und Schwert an die Brust, forderten die Eröffnung seiner Schränke,
und nahmen all sein Geld ... Zuletzt forderten sie Branntwein , und
ritten davon.“...8
Inzwischen
fanden heftige Rückzugsgefechte bei Feldkirchen – Hammerau und
Salzburghofen statt, wobei die Franzosen ihre Voraustruppen massiv
verstärken mussten. In die Kämpfe waren die beiden französischen
Divisionen Gudin und Montrichard des Korps von Generalleutnant
Lecourbe verwickelt.9 Diese hatten beiderseits der Straße
aus Teisendorf die zurückweichende österreichische Nachhut heftig
verfolgt. Die Ortschaften dieser Gegend erlebten somit die
Auseinandersetzungen hautnah mit.
...
„Nach vollendeten Treffen (gemeint sind die blutigen Gefechte),
um 6 Uhr Abends, kam endlich ein (französischer) Kanonier-Hauptmann
mit seinen Officieren. Der Tisch war zum Empfange bereit, und der
Pfarrer (von Ainring) hatte
sich glücklich geschätzt, sie zu bewirthen. Er mußte mitspeisen,
ward sehr freundlich behandelt, und ihres Schutzes vertröstet.“...10
Doch es
blieb nicht bei diesen angenehmeren Besatzungssoldaten. Zauner
berichtete von den sich rasch, beinahe stündlich ändernden Verhältnissen
denen der Pfarrer in weiterer Folge ausgeliefert war. Man kommt nach
Lesen von sämtlichen Quellen, auch der französischen, zu dem
Schluss, dass wo immer die Dienstaufsicht durch vorgesetzte Offiziere
sichergestellt war, die Übergriffe auf das Hab und Gut der Bevölkerung
gering waren. Dazu u.a. bei Zauner: ... „
aber dieses (Plündern)
dauerte nur eine halbe Stunde, weil sich die angekommenen Officiere
als Männer zeigten, die für ihr menschenfreundliches Benehmen einen
ewigen Dank verdienen.“...11
Wie so oft
in der Berichterstattung fanden lediglich die Horrorereignisse ihren
Niederschlag. Auch persönliche Angriffe auf das Leben sowie
Vergewaltigungen haben sich in den Überlieferungen, in
Familienchroniken und auf bäuerlichen Votivbildern bis heute
erhalten.12
...
„Das Betragen der Feinde in dieser Gegend war sehr übel; sie plünderten
und raubten, schändeten Mädchen und Weiber, verschonten die
Schwangeren nicht, und selbst eine 70jährige Mutter war ihnen nicht
zu alt.“...13
Auch der
Pfarrer aus Ainring musste schließlich seine erzwungene
Gastfreundschaft teuer bezahlen:
... „Er
hatte nur noch das Winterkleid, das er am Leibe trug; kaum ein Paar
alte Hembder und Strümpfe; fast keine Messer, Gabeln, Löffel etc.
mehr(.) Aber er ward doch nicht gemißhandelt, bis auf ein Paar Hiebe
auf seinen Rock von den ersten Räubern; auch seine treuen
Dienstbothen wurden zwar geplagt und bestohlen; aber doch nicht
geschlagen oder geschändet. Weit ärger gieng´s im Dorfe, zu Straß,
Adelstetten, Feldkirchen zu, wo die (französische)
Armee durchzog und lagerte.“...14
Natürlich
hat es auch bei den kaiserlichen Truppen Übergriffe gegeben. Dies dürfte
jedoch seltener vorgekommen sein, da hohe Strafen auf solche
Undiszipliniertheiten verhängt wurden. Dies bestätigte Zauner: ...
„Es herrschte unter den Oesterreichischen Kriegern schärfste
Manneszucht, und die geringsten Excesse wurden empfindlich
bestraft.“...15
Gewaltsam
überquerten die Franzosen am 13. Dezember mittags die Saalach und
entrissen den Österreichern Wals und Siezenheim. Als es zu dunkeln
begann, so nach 16 Uhr, endeten die zahlreichen Gefechte mit einem
Reitergefecht an dem über 8.000 Kavalleristen bei Pointing, dem
heutigen Airport-Center bei Himmelreich, verwickelt waren.
Am selben
Tag wurden die zahlenmäßig weit unterlegenen Österreicher bei
Laufen besiegt. Dies half den Franzosen am nächsten Tag die große
Hauptarmee von Erzherzog Johann in ihrer rechten Flanke zu bedrohen.
Eine Einkesselung bei Salzburg war nun möglich.16
Erzherzog
Johann schlug am Tag darauf, den 14. Dezember, die Schlacht auf den
Walserfeldern, bei Kleßheim, Liefering und am Saalachspitz. Die
Gefechte forderten viele Verwundete und Gefallene. Auch die Einwohner
der Ortschaften, die nun Mittelpunkt der heftig geführten Schlacht
wurden, hatten sehr zu leiden. Ihre Häuser wurden geplündert, angezündet
und von der Artillerie zerschossen. Viele verloren all ihr Hab und
Gut, einige konnten sich in nahegelegene Wälder retten. Das Vieh
wurde gestohlen und geschlachtet, die Vorräte wurden geraubt und
davon getragen.17
Reitergefechte
mit Säbel und Pistolen, Nahkämpfe der Infanterie mit
Vorderladergewehren und Bajonett, Trommelfeuer der Kanonen und
Haubitzen dauerten den ganzen Tag über an, bis die Österreicher den
Sieg davon trugen und die Franzosen über die Saalach zurück warfen.18
„Sehr schwer war dieser Tag für
die dasigen Kleinhäusler, die während der Kanonade an
Wiederherstellung der Saalbrücke (bei der Ortschaft Rott) arbeiten
mußten ...“ so berichtete Zauner.19
Die
Ortschaften beiderseits der Saalach mussten die zahlreichen
Verwundeten zur Behandlung aufnehmen. Privathäuser wurden zu
Notlazaretten adaptiert. ... „Die
Blessirten (Verwundeten) wurden
haufenweise in die Häuser von der Hammerau und Feldkirchen gebracht,
und manche derselben sahen eher einer Schlachtbank, als einem Hause ähnlich.
Da sie von diesen Oertern abmarschirten, fand man in den Häusern sehr
viele abgelösete Füsse, Arme, Hände u. dgl. Es war ein herzerschütternder
Anblick! ... Es gab beynahe
nicht mehr Raum genug, um die elend Blessirten in den Häusern
unterzubringen, obgleich der größere Theil nach Traunstein abgeführt
wurde. Viele von ihnen starben hier; und das Begräbnis-Ceremoniel war
sehr einfach, sie wurden nämlich ganz nackend ausgezogen, und vor die
Hausthüre gelegt. Die Bauern mußten ... die Arbeit der Todtengräber
verrichten“...20
Inzwischen
kämpfte man auch schon gegen die französischen Truppen die vom
Norden aus Laufen kommend bei Anthering angriffen. Oberst Radetzky21
fügte mit seiner Kavallerie mit mutigen Reiterattacken den Franzosen
große Verluste zu. Er erkämpfte mehr als 4 Stunden Zeit, um
inzwischen Bergheim verteidigungsbereit zu machen. Hier an der
Fischach kam der französische Angriff gegen Abend zum Stehen. Dies
ermöglichte den Rückzug der Hauptarmee vom Walserfeld durch die
Stadt Salzburg in Richtung Neumarkt am Wallersee. Dort stellte man
sich am 15. Dezember wieder zur Verteidigung auf.22
Über
10.000 Verluste (Verwundete, Vermisste, Gefangene und Gefallene)
hatten die Franzosen zu beklagen. Über 12.000 Verluste zählten die
Österreicher.23
Mit der
Schlacht auf den Walser Feldern im Winter des Jahres 1800 ereignete
sich ein Wendepunkt in der Geschichte der Neuzeit, der die Epoche der
Revolutionskriege abschloss. Dieser Krieg wurde mit dem
Friedensvertrag von Lunéville am 9. Februar 1801 beendet. Dieser
Vertrag besiegelte die Auflösung des alten Deutschen Kaiserreiches.
Große Gebiete Österreichs gingen an Frankreich verloren.24
Salzburg hatte nicht nur seine Selbstständigkeit
verloren, sondern musste nun bis zum 7. April 1801 in der Stadt und
den Ortschaften seiner näheren Umgebung ca. 12.000
Zwangseinquartierungen, Requisitionen und Kriegskontributionen
ertragen. Auch wurde vieles geraubt, die einheimische Bevölkerung war
der Willkür der Besatzer ausgeliefert. Die schönen Zeiten unter den
Erzbischöfen waren für beinahe 50 Jahre vorbei.
Unter
mehreren Gründen waren das dynastische Schonungsprinzip für den österreichischen
Erzherzog einerseits und Rivalität unter den Feldherrn Napoleon und
Moreau andererseits derart ausschlaggebend, dass dieses militärische
Großereignis durch zwei Jahrhunderte im Finsteren verblieb.25
Anmerkungen:
1
Erich Zöllner, Geschichte
Österreichs - Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Wien 1984,
S. 332 ff
2
David Hollins and Christa Hook,
Marengo 1800 – Napoleon´s Day of Fate, in: Osprey Military,
Campaign 70, Oxford 2000.
3 Heilmann,
Der Feldzug von 1800 in Deutschland.
Mit besonderer Bezugnahme auf den Anteil der bayerischen
Truppen bearbeitet, Berlin 1886, S. 16 – 34.
4 Ottfried
Hafner, Das Trauma eines jungen Habsburgers – Für Erzherzog
Johann hatte die Schlacht von Hohenlinden lang nachwirkende Folgen,
in: Der Landkreis Ebersberg – Geschichte und Gegenwart, Bd. 6, FS,
hrsg. von Arnold J. Großgesse,
Ebersberg 1999, S. 16 ff.
5 Militärwissenschaftlich
ausgezeichnet bearbeitet von Ernest
Picard, Hohenlinden, Paris 1909.
6 Kurt
Anton Mitterer, Salzburg anno 1800 – Die vergessene Schlacht auf
den Walser Feldern, Salzburg 1999.
7 Judas
Thaddäus Zauner, Beiträge zur Geschichte des Aufenthaltes der
Franzosen im Salzburgischen und in den angrenzenden Gegenden, I. –
III. Bd., Salzburg 1801/1802.
8 Ebenfalls bei Zauner,
Beyträge zur Geschichte des Aufenthaltes der Franzosen im
Salzburgischen und in den angrenzenden Gegenden, II. Bd., Salzburg
1802, S. 204 f.
9
Jean-Joseph-Paul-Augustin
Dessolle, Journal historique des operations de l'armée du Rhin
depuis le 7 Frimaire, epoque de la reprise des hostilités, jusqu' au
4 Nivose, Paris 1801; ebenfalls bei Zauner,
I. Bd., Salzburg 1801, S. 60 ff.
10 Ebenfalls bei
Zauner, II. Bd., S.205.
11 Ebenda S.196.
12 Dazu ausführlich
Theodor Nißle, Als die
Franzosen kamen. Aufzeichnungen aus dem Winter 1800/1801, in: Die
Heimat, Laufen 1917.
13 Zauner,
II. Bd., S.210.
14 Ebenda S.
208.
15 Zauner,
II. Bd., S. 66.
16 Kurt
Anton Mitterer, Anno 1800 – Schlacht vor den Toren Salzburgs,
Ein vergessenes militärisches Großereignis, in: Mitteilungen der
Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg 2000, S. 178 f.
17 Ebenfalls
dazu Theodor Nißle, Als
die Franzosen kamen. Aufzeichnungen aus dem Winter 1800/1801, in: Die
Heimat, Laufen 1917.
18 Anton
von Schallhammer, Kriegerische Ereignisse im Herzogthume Salzburg
in den Jahren 1800, 1805 und 1809, Salzburg 1853, unveränderter
Nachdruck Hallein 1979, S. 11 f.
19 Zauner,
II. Bd., S. 197.
20 Ebenda S. 209
f sowie S. 73.
21 Österreichisches
Staatsarchiv/Kriegsarchiv, Alte-Feld-Akten/1800/Deutschland/12/252,
Relation über die Affaire vom 14 ten December, FML
Liechtenstein.
22 Gedeon
Maretich von Riv-Alpon, Die Gefechte in der Umgebung von Salzburg
in den Jahren 1800, 1805 und 1809, in: Streffleurs Österreichischen
militärischen Zeitschrift, XXXIII. (69.) Jahrgang, III. Bd., Wien
1892, S. 235 f.
23 Vgl.
ebenfalls die Auswertungen bei Mitterer,
Salzburg anno 1800 – Die vergessene Schlacht auf den Walser Feldern,
wie Anm. 6, S. 162 Anm.325.
24 Adolf
von Horsetzky,
Kriegsgeschichtliche Übersicht der wichtigsten Feldzüge seit 1792,
Wien 1914, S. 138.
25
Vgl. Mitterer, Anno 1800
– Schlacht vor den Toren Salzburgs, wie Anm. 16, S. 173 f.
Verfasser:
Dr.
Kurt Anton Mitterer
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